Damit die Mobilitätswende gelingt, braucht es neue Lösungen. Eine davon lautet: Mobilitätsstationen, sogenannte Mobility Hubs. Das sind Orte, an denen verschiedene Mobilitätsangebote zusammenkommen, um Menschen Optionen zu geben, wie sie sich von hier aus weiter fortbewegen. Mithilfe dieser Knotenpunkte sollen überfüllte Straßen, Staus und Parkplatzmangel in Städten bald der Vergangenheit angehören. Kann das funktionieren? Und welche Orte eignen sich als Mobility Hub?
Was ist ein Mobility Hub?
Ein Mobility Hub ist eine Station bzw. ein Knotenpunkt, an dem diverse Mobilitätsangebote an einem öffentlich zugänglichen Ort zusammenkommen - darunter der ÖPNV mit Bahnen und Bussen, Carsharing, Mietwagen, geteilte Micro Mobility mit Bikes und Scootern, ggf. Fähren…
Der Mietwagenanbieter und die Bushaltestelle am Flughafen bilden im Grunde bereits einen Mobility Hub, ebenso wie die Carsharing-Station vor dem Bahnhof. Der Trend geht heute aber darüber hinaus. Mobilitätsstationen werden gezielt errichtet und decken ein möglichst vielfältiges Angebot ab, um so eine multimodale Mobilität zu ermöglichen.
Die 3 Evolutionsstufen von Mobility Hubs
Stufe 1: Vereinzelte Angebote zur Anschlussmobilität an Bahnhöfen oder Flughäfen (früher und heute)
Nahtlose Mobilität: Ein Win für alle Beteiligten
Das große Versprechen der Mobilitäts-Hubs ist, dass Nutzer:innen nahtlos von einem auf das andere Verkehrsmittel umsteigen können. Sei es, dass sie mit dem eigenen Auto die Station anfahren, dort parken und dann mit der Bahn in die Stadt hineinfahren. Oder, dass sie mit dem Bus die Station erreichen, dort ein Fahrrad ausleihen und weiter radeln. Auch eine noch längere Verkettung ist möglich - vielleicht liegen auf der gesamten Route sogar zwei oder mehr Mobilitätsstationen, wo das Verkehrsmittel gewechselt wird.
Wer betreibt Mobilitätsstationen - und warum?
Auch wenn die einzelnen Mobilitätsangebote in der Regel von unterschiedlichen Unternehmen und Verkehrsgesellschaften betrieben werden, benötigt es eine Instanz, die die Fläche bereitstellt, die Bebauung sowie die Instandhaltung übernimmt und das Gesamtangebot koordiniert. Das können grundsätzlich zwar auch privatwirtschaftliche Unternehmen sein, meistens sind es aber Kommunalverwaltungen oder städtische Verkehrsgesellschaften.
Städten obliegt die Aufgabe, den Verkehr vor Ort zu planen, zu verbessern und zu regulieren. Dabei unterliegen sie einerseits dem öffentlichen Druck, die Mobilitätswende voranzutreiben und den verkehrsbedingten Schadstoffausstoß sowie die lokale Feinstaubbelastung zu verringern. Andererseits haben sie auch ein eigenes Interesse daran, den Fokus vom motorisierten Individualverkehr auf weitere, umweltfreundlichere Mobilitätsoptionen zu lenken - und damit überfüllten Straßen und dem Parkplatzmangel entgegenzutreten. Eine Entlastung des fließenden ebenso wie des ruhenden Verkehrs steigert die urbane Lebensqualität und erhöht zugleich die Sicherheit von Radfahrer:innen und Fußgänger:innen.
Örtliche Verkehrsgesellschaften können ebenfalls davon profitieren, Mobility Hubs zu betreiben. Durch die Ergänzung der eigenen Kerngeschäfts mit alternativen Mobilitätsangeboten, wird dieses attraktiver empfunden und locket mehr Nutzer:innen an, die nun bequem die “letzte Meile” überbrücken können. Verkehrsverbünde befinden sich im Wandel zu ganzheitlichen Anbietern der örtlichen Mobilität. Selbstverständlich genießen sie auch positive Marketingeffekte durch das Betreiben einer Mobilitätsstation - zumindest, wenn diese von der Bevölkerung gut angenommen wird.
Das bewährte Konzept der multimodalen Mobilität
Die Kombination unterschiedlicher Transportmittel ist im Bereich der Logistik schon lange etabliert. Um ein Gut vom Produktionsort bis zum finalen Verkauf- oder Gebrauchsort zu bringen, reicht ein Transportmittel selten aus. Vor allem, wenn es sich um Importgüter handelt. Dann entstehen oft Transportketten aus Transporter, Schiff oder Flugzeug, Güterzug oder LKW bis hin zum Lieferwagen.
Wirklich neu ist also lediglich der Ansatz, dieses Konzept zunehmend auch auf die urbane Personenbeförderung zu übertragen. Aus gutem Grund: Denn wenn Menschen zum Schutz der Umwelt sowie für ein qualitatives Leben in der Stadt zunehmend auf ihren privaten PKW verzichten sollen, kommen sie selten um eine Verkettung verschiedener Mobilitätsformen herum. Und diese sollte so attraktiv und zugänglich wie möglich sein.
Multimodale Mobilität wird nur dann zu einer echten Option, wenn der Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln nicht zu viel Zeit raubt. Gerade in urbanen Strukturen wird die Fortbewegung schnell zum zusätzlichen Stressfaktor und Zeiträuber zwischen Alltagsbelastungen und Terminen. Zwar kostet auch die Fahrt mit dem privaten PKW Zeit, insbesondere im Stau oder während der Suche nach einem Parkplatz, doch hier spielt für viele noch der Komfortfaktor, die Flexibilität sowie die wahrgenommene Freiheit eine große Rolle. Wirklich frei sind Menschen in der Art, wie sie sich fortbewegen, jedoch erst dann, wenn es niederschwellige Angebote gibt, die über das eigene Auto hinausgehen.
Deswegen gilt es, die Verkettung der Mobilitätsangebote so nahtlos wie möglich zu gestalten - an attraktiven Knotenpunkten, den Mobility Hubs. In Zeiten, in denen Mobilität vermehrt als Dienstleistung (= Mobility as a Service, MaaS) betrachtet wird, legen Nutzer:innen Wert auf die Möglichkeit, stets die aktuell sinnvollste Lösung zu wählen. An den Hubs müssen für den Umstieg keine langen Wege zurückgelegt werden und diverse Möglichkeiten stehen gesammelt zur Verfügung.
Das sorgt auch für mehr Verlässlichkeit, welche in Bezug auf den ÖPNV vielerorts vermisst wird. Denn wenn an einer Mobilitätsstation eines der Verkehrsmittel ausfällt oder aus einem anderen Grund nicht zur Verfügung steht, gibt es am selben Ort nutzbare Alternativen.
Exkurs: Digitale Mobility Hubs
Das Leben spielt sich längst nicht mehr nur offline ab und Smartphones sind zum persönlichen Alltagsbegleiter geworden. Menschen verlassen sich auf Apps auch dann, wenn es um Mobilität geht - denn digitale Kartendienste zeigen stets die sinnvollste Route und können dabei bereits unterschiedliche Mobilitätsformen kombinieren.
Ein logischer Schritt ist es deshalb, physische Mobilitätsstationen auch digital abzubilden. Das können sogenannte Aggregatoren, wie zum Beispiel Jelbi. Hinter Jelbi stehen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die neben in der Hauptstadt verteilten Mobility Hubs auch eine gleichnamige App betreiben.
In solchen Aggregator-Apps sind verschiedene Mobilitätsdienste sowie -anbieter nicht nur sichtbar, sondern auch buchbar, entweder direkt oder via Single-Sign-On. Nutzer:innen müssen sich also weder bei allen Diensten einzeln registrieren, noch müssen sie die jeweils beste Routenoption mühsam selbst herausfinden. Stattdessen erhalten sie schnellen und unkomplizierten Zugriff auf verfügbare Fahrzeuge und öffentliche Transportmittel.
Wo machen Mobility Hubs Sinn?
Zunächst einmal machen Mobility Hubs dort Sinn, wo bereits ein Mobilitätsangebot vorhanden ist. Das sind zum Beispiel zentrale Verkehrsknotenpunkte wie Bahnhöfe, (Fern-)Busbahnhöfe, größere Bahnhaltestellen oder Flughäfen. Diese Orte haben bereits eine bestehende Frequentierung an Nutzer:innen, wodurch davon auszugehen ist, dass eine Mobilitätsstation frühzeitig im gewünschten Maße genutzt wird.
Zudem sind wohnortnahe Mobilitätsstationen empfehlenswert - denn letztendlich beginnt Mobilität vor der eigenen Haustür. Es können Stationen innerhalb belebter Stadtviertel errichtet werden, in dem zum Beispiel städtische Parkflächen umgestaltet werden. Zudem können sie bei Neubauprojekten von Wohnquartieren mit geplant und umgesetzt werden.
In Bezug auf Wohnortnähe sollte auch der Stadtrand nicht vernachlässigt werden: So können Menschen, die außerhalb wohnen und in die Stadt hinein pendeln, zum Beispiel ihr Auto am Hub parken und von dort mit alternativen Transportmitteln ins Zentrum fahren. Je nach regionalen Strukturen reichen vielleicht zunächst vergleichsweise einfache “Park & Ride” oder “Park & Share” Plätze, wo das Angebot in der Zukunft noch schrittweise erweitert werden kann.
Ein weiterer Ort, wo Mobilitätsstationen den gerade zum Start benötigten Anklang finden könnten, sind Parkflächen von Gewerbeimmobilien. Diese werden ohnehin werktäglich angefahren und verfügen über die benötigte Fläche. Wer etwas mehr in die Zukunft denken möchte, kann sich vielleicht auch die Umgestaltung von Tankstellen vorstellen: Da diese aufgrund der sich bereits im Gange befindenden Antriebswende ohnehin neue Strategien brauchen, kann es eine Lösung sein, die Anzahl der Zapfsäulen zu reduzieren und die bestehende Infrastruktur nutzen, um eine umfassendere Mobilitätsstation zu errichten.
Weitergedacht: Visionäre Mobility Hubs
Noch weiter in die Zukunft gedacht, können Mobility Hubs zu elementaren Treffpunkten und Kreuzungen des öffentlichen Lebens werden - sozusagen die dritte Stufe der Evolution von Mobility Hubs (siehe Infobox oben).
Die unterschiedlichen Mobilitätsangebote werden abgerundet mit ergänzenden Services wie Tankstellen, Ladesäulen, Waschanlagen und Reparaturservices. Toiletten gehören ebenso zur Ausstattung wie Paketstationen, Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie und Co-Working-Spaces. Die Flächen sind begrünt, verfügen über Sitzmöglichkeiten zum Ausruhen und laden zum Verweilen ein.
Das Umsteigen und damit verbundene Wartezeiten lassen sich somit sinnvoll nutzen - je nach individuellen Bedürfnissen. Wer möchte, erledigt schon einmal den Wocheneinkauf im angeschlossenen Supermarkt. Jemand anders nimmt sich die Zeit für eine Kaffeepause, eine dritte Person beantwortet ein paar E-Mails und andere verabreden sich zu einem gemeinsamen Mittagessen. Es ist möglich, mit dem eigenen E-Auto anzureisen, dieses an die Ladesäule anzuschließen, den Rest des Weges mit alternativen Transportmitteln zurückzulegen und auf dem Rückweg das nun geladene Auto wieder abzuholen.
Mobilitätsoptionen sind nicht mehr nur untereinander nahtlos aneinander angeschlossen, sondern schließen auch die Lücke zwischen der reinen Fortbewegung und den vielfältigen Anforderungen des Alltags. Was früher Zeit raubte und Stress verursachte, ist nun alles von der benötigten Pause zum Durchatmen über einen Ort für Erledigungen hin zu einem Zentrum der Begegnung. Mobilität wird zu dem, was sie immer schon war: ein fester Bestandteil des Lebens.